Dienstag, 28. Mai 2013

Warum sich die Christen für Nero - Teil 5


Teil 5 – Aufrührer auf dem ganzen Erdkreis


Aber reicht das schon ? Genügen diese zwei Hinweise von Johann Gottlieb Ernst Mess, um eine Eignung der Christen als Neros Sündenböcke auf Grundlage der Schriften des 1. Jahrhunderts plausibel zu machen ? Wohl kaum …

Jedoch beschreibt die Apostelgeschichte selbst einige rechtliche Anklagen gegen die frühen Christen. So heißt es etwa (Apg 16, 20) bezüglich der ersten Christen in Philippi: „... ergriffen sie Paulus und Silas, schleppten sie auf den Markt vor die Oberen und führten sie den Stadtrichtern vor und sprachen: Diese Menschen bringen unsre Stadt in Aufruhr ...“ sowie zu Paulus in Jerusalem (Apg 24, 5): „Wir haben erkannt, dass dieser Mann schädlich ist und dass er Aufruhr erregt unter allen Juden auf dem ganzen Erdkreis.“ Prüfen wir also, ob diese Kritik an den frühen Christen gerechtfertigt war.


Bei Paulus selbst (2. Kor 11, 23) lesen wir zunächst, dass der Heidenapostel fortlaufend in tätliche und juristische Auseinandersetzungen verstrickt war: „Ich ertrug mehr Mühsal, war häufiger im Gefängnis, wurde mehr geschlagen, war oft in Todesgefahr. Fünfmal erhielt ich von Juden die neununddreißig Hiebe; dreimal wurde ich ausgepeitscht, einmal gesteinigt ...


Noch vor Beginn der 1. Missionsreise sehen wir Paulus nach dessem eigenen Zeugnis bereits während eines Damaskusaufenthalts in Bedrängnis (2. Kor 11, 32): “Als ich in Damaskus war, stellte der Bevollmächtigte des Königs Aretas Wachen an die Stadttore, um mich zu verhaften. Aber durch das Fenster eines an die Stadtmauer gebauten Hauses wurde ich in einem Korb hinuntergelassen und entkam.


Bereits die 1. Missionsreise ist durch Auseinandersetzungen und Aufruhr geprägt:

- Zypern (Apg 13, 6)

Paulus stachelt vor dem römischen Prokonsul Sergius Paulus zum Hass gegen den zypriotischen Juden Barjesus auf und bewirkt dessen Erblindung (Liegt als „wahrer Kern“ der Legende möglicherweise ein tätlicher Angriff seitens des Paulus auf Barjesus vor? Trennte sich Johannes Markus deshalb von Paulus und Barnabas, weil er dieses Auftreten der Apostel nicht vertreten konnte?): „'Du elender und gerissener Betrüger, du Sohn des Teufels, du Feind aller Gerechtigkeit, willst du nicht endlich aufhören, die geraden Wege des Herrn zu durchkreuzen? Jetzt kommt die Hand des Herrn über dich. Du wirst blind sein und eine Zeit lang die Sonne nicht mehr sehen.' Im selben Augenblick fiel Finsternis und Dunkel auf ihn, er tappte umher und suchte jemand, der ihn an der Hand führte.


- Antiochia in Pisidien (Apg 13, 14 ff)

In Antiochia in Pisidien begegnet uns dann ein Muster, das sich im Verlauf der Missionsreisen stetig wiederholen wird. Paulus kommt in eine Stadt, predigt in der Synagoge oder vor den Heiden und es kommt schlussendlich zum Aufruhr. Natürlich stellt Lukas diese Szenen so dar, dass nie Paulus, sondern „immer die anderen Schuld waren“, vor allem „die Juden“. Beim ersten Mal kann man dies natürlich glauben, spätestens beim dritten Mal am dritten Ort stellt sich jedoch die Frage, ob die Predigt des Paulus nicht an sich aufrührerisch und aufs Blut provozierend war: „Sie selbst ... kamen nach Antiochia in Pisidien. Dort gingen sie am Sabbat in die Synagoge ... Am folgenden Sabbat versammelte sich fast die ganze Stadt, um das Wort des Herrn zu hören. Als die Juden die Scharen sahen, wurden sie eifersüchtig, widersprachen den Worten des Paulus und stießen Lästerungen aus ... Die Juden jedoch hetzten die vornehmen gottesfürchtigen Frauen und die Ersten der Stadt auf, veranlassten eine Verfolgung gegen Paulus und Barnabas und vertrieben sie aus ihrem Gebiet.


- Ikonion (Apg 14, 1 ff)

Das gleiche Spiel in Ikonion: „In Ikonion gingen sie ebenfalls in die Synagoge der Juden und redeten in dieser Weise … Die Juden aber, die sich widersetzten, erregten und erbitterten die Heiden gegen die Brüder ... Längere Zeit nun blieben sie dort und predigten freimütig … Doch das Volk in der Stadt spaltete sich; die einen hielten zu den Juden, die andern zu den Aposteln. Als die Apostel merkten, dass die Heiden und die Juden zusammen mit ihren Führern entschlossen waren, sie zu misshandeln und zu steinigen, flohen sie ...


- Lystra (Apg 14, 8 ff [19])

Und ebenso in Lystra: „In Lystra ... kamen Juden und überredeten die Volksmenge. Und sie steinigten den Paulus und schleiften ihn zur Stadt hinaus ..."

Halten wir als Ergebnis der 1. Missionsreise fest, dass Paulus und Barnabas im Ergebnis ihrer Predigt und Missionstätigkeit jeweils an drei verschiedenen Orten Aufruhr unter Juden und Heiden verursachten und von diesen verfolgt wurden.


2. Missionsreise

- Philippi (Apg 16, 12 ff)

Paulus scheint jedenfalls aus diesen „Zwischenfällen“ nichts gelernt zu haben. Auf der zweiten Missionsreise geht das Spiel weiter, zunächst in Philippi: "Von dort gingen wir nach Philippi ... ergriffen sie Paulus und Silas, schleppten sie auf den Markt vor die Stadtbehörden, führten sie den obersten Beamten vor und sagten: Diese Männer bringen Unruhe in unsere Stadt. Es sind Juden; sie verkünden Sitten und Bräuche, die wir als Römer weder annehmen können noch ausüben dürfen. Da erhob sich das Volk gegen sie und die obersten Beamten ließen ihnen die Kleider vom Leib reißen und befahlen, sie mit Ruten zu schlagen. Sie ließen ihnen viele Schläge geben und sie ins Gefängnis bringen ..."


- Thessaloniki (Apg 17, 1 ff)

Vergleichbares geschieht dann in Thessaloniki: „Auf dem Weg ... kamen sie nach Thessalonich. Dort hatten die Juden eine Synagoge. Nach seiner Gewohnheit ging Paulus zu ihnen und redete an drei Sabbaten ... Die Juden wurden eifersüchtig, holten sich einige nichtsnutzige Männer, die sich auf dem Markt herumtrieben, wiegelten mit ihrer Hilfe das Volk auf und brachten die Stadt in Aufruhr. ... Daher schleppten sie ... einige Brüder vor die Stadtpräfekten und schrien: Diese Leute, die die ganze Welt in Aufruhr gebracht haben, sind jetzt auch hier ... So brachten sie die Menge und die Stadtpräfekten, die das hörten, in Erregung."


- Beröa (Apg 17, 10 ff)

Ebenso in Beröa: „Die Brüder schickten noch in der Nacht Paulus und Silas weiter nach Beröa. Nach ihrer Ankunft gingen sie in die Synagoge der Juden ... aber die Juden ... kamen ... dorthin, um das Volk aufzuwiegeln und aufzuhetzen. Da schickten die Brüder Paulus sogleich weg zum Meer hinunter ..."


- Korinth (Apg 18, 1 ff)

Und schließlich in Korinth: „Hierauf verließ Paulus Athen und ging nach Korinth ... An jedem Sabbat lehrte er in der Synagoge und suchte Juden und Griechen zu überzeugen ... Als sie sich dagegen auflehnten und Lästerungen ausstießen ... traten die Juden einmütig gegen Paulus auf, brachten ihn vor den Richterstuhl und sagten: Dieser verführt die Menschen zu einer Gottesverehrung, die gegen das Gesetz verstößt ..."


3. Missionsreise

- Ephesus

Zunächst (Apg 19, 9) hat Paulus auf der dritten Missionsreise Auseinandersetzungen mit ephesinischen Juden: „Er ging in die Synagoge und lehrte drei Monate lang freimütig und suchte sie vom Reich Gottes zu überzeugen. Da aber einige verstockt waren, sich widersetzten und vor allen Leuten den (neuen) Weg verspotteten ..."

Alsdann kommt es zu einem schweren Aufruhr unter Heiden (Apg 19, 21): „Um jene Zeit aber wurde der (neue) Weg Anlass zu einem schweren Aufruhr. Denn ein Silberschmied namens Demetrius ... sagte: '... Nun seht und hört ihr, dass dieser Paulus nicht nur in Ephesus, sondern fast in der ganzen Provinz Asien viele Leute verführt und aufgehetzt hat ...' Als sie das hörten, wurden sie wütend und schrien ... Die ganze Stadt geriet in Aufruhr; alles stürmte ins Theater und sie schleppten die Mazedonier Gaius und Aristarch, Reisegefährten des Paulus, mit sich. ... Dort schrien die einen dies, die andern das; denn in der Versammlung herrschte ein großes Durcheinander ..."


- vermutlich Kenchreä (Apg 20, 3)

Vermutlich in Kenchreä entgeht Paulus knapp einem „Anschlag“: „Dann begab er sich nach Griechenland; dort blieb er drei Monate. Als er mit dem Schiff nach Syrien fahren wollte, planten die Juden einen Anschlag auf ihn. So entschloss er sich, den Rückweg über Mazedonien zu nehmen."


- Milet (Apg 20, 17 ff [23, 24])

Ausgangs der dritten Missionsreise, in Milet kommt Paulus schließlich zur Einsicht. Er begreift, dass seine Predigt in einer Stadt nach der anderen Aufruhr erzeugt hat: „Nur das bezeugt mir der Heilige Geist von Stadt zu Stadt, dass Fesseln und Drangsale auf mich warten.“ Aber er plant keineswegs sein Auftreten zu ändern, sondern mit einer selbstmörderischen Dschihad- und Kamikaze-Haltung den einmal eingeschlagenen Weg fortzusetzen: „Aber ich will mit keinem Wort mein Leben wichtig nehmen, wenn ich nur meinen Lauf vollende und den Dienst erfülle, der mir ... übertragen wurde ..."


- von Jerusalem nach Rom (Apg 21, 27 – 28, 31)

Es endete, wie es kommen musste. Paulus wird schließlich nach erneutem Aufruhr in Jerusalem verhaftet, ihm wird der Prozess gemacht und er wird zu guter Letzt als Gefangener nach Rom überführt: „Als die sieben Tage zu Ende gingen, sahen ihn die Juden aus der Provinz Asien im Tempel. Sie brachten das ganze Volk in Aufruhr, ergriffen ihn und schrien: 'Israeliten! Kommt zu Hilfe! Das ist der Mensch, der in aller Welt Lehren verbreitet, die sich gegen das Volk und das Gesetz und gegen diesen Ort richten; er hat sogar Griechen in den Tempel mitgenommen und diesen heiligen Ort entweiht' ... Da geriet die ganze Stadt in Aufregung und das Volk lief zusammen. Sie ergriffen Paulus und zerrten ihn aus dem Tempel und sofort wurden die Tore geschlossen. Schon wollten sie ihn umbringen, da brachte man dem Obersten der Kohorte die Meldung hinauf: Ganz Jerusalem ist in Aufruhr! Er eilte sofort mit Soldaten und Hauptleuten zu ihnen hinunter. Als sie den Obersten und die Soldaten sahen, hörten sie auf, Paulus zu schlagen. Der Oberst trat hinzu, verhaftete ihn, ließ ihn mit zwei Ketten fesseln ..."


Teil 1 - Einführung
Teil 2 - Waren die Christen wirklich unschuldig ?
Teil 3 - „Sünder und Verbrecher aller Art“
Teil 4 - Sinnliche Schwärmer
Teil 5 - Aufrührer auf dem ganzen Erdkreis
Teil 6 und Ende - Schlussfolgerung

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