Dienstag, 30. Dezember 2014

Καὶ


1) Gelegentlich, aber stets fröhlich lästerte ich im vergangenen Jahr über manche Professoren und sonstige Experten, die aus meiner Sicht ziemlichen Unsinn über das Markusevangelium verzapften. Mit einem solchen Spaß will ich meinen blog im Jahr 2014 auch beschließen und allen einen guten Rutsch wünschen.
facepalm
via wikicommons
 

Es geht um den angeblich schlechten, schlichten oder einfachen Stil von Markus, der sich vor allem durch monotone Aneinanderreihungen (natürlich heißt es bei den Professoren hochwissenschaftlich „Parataxe“) auszeichne, die durch das Wörtchen καὶ (griechisch: und) verbunden sind. Es handele sich dabei vermeintlich um eine typisch volkstümliche Sprache. Immer wieder würde Markus einzelne Verse mit καὶ beginnen und auch innerhalb des Verses häuften sich die καὶ's. Nein, ein guter „Schriftsteller“ könne dieser Markus nicht sein, höchstens ein primitiver „Schreiber“, da er doch bis zum Überdruss das Wörtchen καὶ verwende: und, und dann, und schließlich – so ginge es in einem fort. Welch ein Grauen für die gebildete Professorenschaft!


2) Bevor etwas zur lachhaften Absurdität dieses Einschätzung gesagt werden soll, möchte ich zunächst einige dieser Professoren selbst zu Wort kommen lassen:

Wolfgang Fritzen, Von Gott verlassen?, 2008, S. 70
Der Stil ist einfach, knapp und volkstümlich: Das Griechisch des Markusevangeliums ist rau und von Latinismen und Semitismen durchsetzt, kurze Parataxe mit καὶ und δὲ herrscht vor, die Ausdrucksweise ist wenig vielseitig. Der Autor scheint also nicht als Schriftsteller ausgebildet gewesen zu sein. Mehr noch: Seine Sprache und sein Stil mussten in den Augen der damaligen gebildeten Oberschicht als indiskutabel gelten.

Freitag, 26. Dezember 2014

Petrus, der Zenturio und die Frage: Hat es einen historischen Jesus gegeben?


1) Anlass für diesen Beitrag sind die teils recht heftigen Diskussionen, die seit mehreren Jahren im englischen Sprachraum zu dieser Frage geführt werden, die nunmehr dort einen Höhepunkt erreichten und zudem auch hierzulande Einzug gefunden haben.
Der ... hüstl ... historische Jesus?
via asiaonourmind.blogspot

Am 18.12.2014 veröffentlichte die angesehene US-amerikanische Tageszeitung „The Washington Post“ einen Artikel des Religionswissenschaftlers Raphael Lataster mit dem Titel „Did historical Jesus really exist?“ und dem Fazit: „There are clearly good reasons to doubt Jesus’ historical existence.“ Bereits nach zwei Tagen verzeichnete der Artikel mehr als 5000 Leserkommentare, die jeweils hitzig für Pro und Contra stritten.

Auf dem Sci-log „Natur des Glaubens“ von Michael Blume erschien am 15.11.2014 ein Gastbeitrag von Zoran Jovic, in dem die Thesen der Verneiner eines historischen Jesus recht polemisch zurückgewiesen und diese in die Nähe von Holocaustleugnern, Ufologen und Zeitfälschungs-Theoretikern gerückt werden.

Schließlich strahlte der Sender Phoenix am 21.12.2014 eine Folge von Guido Knopp´s „History Live“ mit dem Titel „Jesus – Mythos und Wahrheit“ aus, in der die Theologen Annette Merz, Klaus Wengst und Hermann Detering auch über diese Frage disputierten und sich dabei achtbar schlugen. Besonders der angenehm sachliche Tonfall der drei Theologen, die jeweils unterschiedliche Positionen vertraten, ist vorbildlich. Der Mitschnitt der Sendung kann in voller Länge angesehen werden.

Man könnte vielleicht vermuten, dass ich - mit meinem rein literarischen Verständnis des Markusevangeliums - ebenfalls zu der Annahme neige, dass es einen historischen Jesus gar nicht gegeben hat. Der einzige Grund, warum ich überhaupt einmalig etwas zu dieser Frage sagen möchte, ist ein in der gesamten Diskussion meines Erachtens übersehenes Argument. Es läuft darauf hinaus, dass – selbst wenn man nicht ein einziges Detail aus den Evangelien als historisch wahr ansieht und wenn man davon ausgeht, dass Paulus keinen irdischen Jesus, sondern einen himmlischen Christus predigte - dennoch ein Anhaltspunkt für einen historischen Jesus besteht. Der vorliegende Beitrag mag deshalb vor allem für Historische-Jesus-Skeptiker interessant sein.

Dienstag, 9. Dezember 2014

Offtopic: Eine Buchempfehlung für Weihnachten


Weihnachten und Markus? Oh nein, vergessen wir den Meister für einen Moment! Denn sehnen wir uns zu Weihnachten nicht nach einer klugen, aber auch herzerwärmenden Geschichte? Klar, wir haben Lukas, Charles Dickens' „Weihnachtsgeschichte“ und O. Henrys „Die Gabe der Weisen“, für Kinder insbesondere Cornelia Funkes „Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel“ und Sven Nordqvists „Morgen, Findus, wird’s was geben“. Wunderbare Geschichten, die man immer wieder lesen kann.

Ich möchte gern auf ein weiteres, sehr schönes Buch hinweisen, das bislang jedoch noch nicht in deutscher Sprache erhältlich ist (aber kein Prob, dazu am Ende mehr). Es ist „The Christmas Miracle of Jonathan Toomey“, geschrieben von Susan Wojciechowski und illustriert von P. J. Lynch.
via gatheringbooks

Die Handlung spielt gefühlt vor gut 100 Jahren in einem kleinen Dorf irgendwo auf der Welt. Ein kunstfertiger Holzschnitzer namens Jonathan Toomey ist nach dem Tod seiner Frau und seines Kindes mit der Welt entzweit und lebt in selbstgewählter sozialer Isolation. Aufgrund seiner hervorragenden Fähigkeiten als Schnitzer bekommt er gleichwohl Aufträge und sichert sich so seinen Lebensunterhalt, ist aber zu jedermann mürrisch und unfreundlich. Die Handlung beginnt im Advent, als eine verwitwete Frau mit ihrem kleinen Jungen in das Dorf zieht. Beim Umzug sind die Krippenfiguren verloren gegangen, die Mutter und Sohn über alles lieben. Sie bitten schließlich den Schnitzmeister, ihnen neue anzufertigen und der sagt auch mürrisch zu. Allerdings erweist sich der Fertigstellungstermin als problematisch:
„Bis wann werden die Figuren denn fertig sein?” „Sie werden fertig sein, wenn sie eben fertig sind”, murrte der Meister abweisend. „Aber ich brauche sie unbedingt bis Weihnachten. Sie bedeuten meinem Sohn Tom und mir wirklich sehr viel. Ein Weihnachten ohne unsere Weihnachtskrippe, das wäre gar nicht auszudenken.” „Weihnachten ist doch Schnickschnack”, brummte Jonathan Toomey düster und schloss mit einem Mal die Tür.

Montag, 8. Dezember 2014

Die DaBhaR-Übersetzung, Salz bei Markus und bei Philo von Alexandria


via bibelarchiv-vegelahn
1) Mir ist schon öfter aufgefallen, dass ich im Detail bei der Auslegung des Markusevangeliums eine ausgeprägte Übereinstimmung mit sehr frommen Christen haben kann. Diese teilweise Gleichgesinntheit beruht auf dem gemeinsamen Vorverständnis des Evangeliums als einem absoluten Text. Für diese ist es das Wort Gottes, für mich das höchst sorgfältig konzipierte und meisterhaft verfasste Werk von Markus.

Seit langem bin ich der Meinung, dass die herkömmlichen Bibelübersetzungen von Markus etwas ungenügend sind. Nach meinem Empfinden hat Markus zum Beispiel eine lange Reihe bestimmter Wörter bzw. Wortverbindungen als „Signal“-Wörter verwendet, die Zusammenhänge innerhalb des Evangelientextes deutlich machen sollen. Diese Wörter müssten deshalb in einer deutschen Übersetzung auch immer mit dem gleichen Wort übersetzt werden. Diese Art der Übersetzung heißt konkordante Bibelübersetzung. Die herkömmlichen Bibelübersetzungen versuchen hingegen besonders „schön“ zu übersetzen und verwenden je nach Kontext für ein mehrfach von Markus gebrauchtes griechisches Wort verschiedene deutsche Wörter bzw. für verschiedene griechische Wörter zuweilen nur ein deutsches Wort, so dass es dem deutschen Leser unmöglich wird, die konstruierten Zusammenhänge zu entdecken.

Bislang war mir die DaBhaR-Übersetzung unbekannt, die ich in der vergangenen Woche entdeckte und über die ich hellerfreut bin. Ich will hier nur an einem kleinen und auf den ersten Blick total verrückten Beispiel zeigen, warum diese Übersetzung wirklich wertvoll ist. Zunächst fragt sich vielleicht jeder, dem diese Art der Übersetzung neu ist, ob die DaBhaR-Übersetzer noch „alle Tassen im Schrank haben“ ;-) , um schließlich festzustellen, dass dies sehr wohl der Fall ist. Hierzu ein Blick auf Mk 1,16-17 in der Luther und der DaBhaR.

Luther Mk 1,16-17                                             

DaBhaRMk1,16-17                                        
16 Als er aber am Galiläischen Meer entlangging, sah er Simon und Andreas, Simons Bruder, wie sie ihre Netze ins Meer warfen; denn sie waren Fischer.
17 Und Jesus sprach zu ihnen: Folgt mir nach; ich will euch zu Menschenfischern machen!
16 Und als Vorbeiführender neben dem Meer, dem des GALILAe´A, gewahrte er SI´MOoN und ANDRÄ´AS, den Bruder SI´MOoNs, als ein Ringnetz Werfende in dem Meer; denn sie waren Besalzer.
17 Und der JESuU´S sagte zu ihnen: Kommet herbei, mir nach, und ich werde machen, dass ihr Besalzer der Menschen werdet.