Donnerstag, 29. Januar 2015

Ältester Papyrus des Markusevangeliums aus dem 1. Jahrhundert?


via phdiva.blogspot
Die Webportale des Magazins „G/Geschichte“ und von live.net berichteten unlängst vom vermeintlichen Fund des ältesten Papyrus-Fragments des Markusevangeliums, das aus dem 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung stammen soll: „Wissenschaftler … datieren den Markus-Papyri auf das Jahr 90 oder älter.“ Das Fragment sei in einer ägyptischen Mumienmaske enthalten gewesen und aus dieser extrahiert worden.

via facesandvoices.wordpress
Ich möchte einige Hintergrundinfos zu dieser Nachricht ergänzen. Zuächst die entscheidenden Fakten:

In Wahrheit weiß selbst die Welt der Wissenschaft bislang nichts über dieses angebliche Fragment und wartet darauf bereits seit 3 Jahren. Es liegen lediglich Verlautbarungen vor, nach denen es ein solches Fragment geben und dieses auf das 1. Jahrhundert datiert sein soll. Aber schön der Reihe nach:

1. Akt

Am 01.02.2012 fand in der Universität in Chapel Hill, North Carolina, USA, eine öffentliche Diskussion zwischen den anerkannten Bibelwissenschaftlern Bart Ehrman und Daniel B. Wallace statt. Im Rahmen dieser Debatte wurde die Frage erörtert, wie verlässlich der uns heute bekannte Evangelientext und wie hoch seine Übereinstimmung mit dem Original tatsächlich sei. Ehrman zweifelte daran und verwies u.a. darauf, dass das älteste Manuskript des Markusevangeliums, der Papyrus 45, aus dem 3. Jahrhundert stamme. Dem hielt Wallace entgegen, dass nunmehr eine Kopie des Markusevangeliums aus dem 1. Jahrhundert bekannt geworden sei. Für jeden, der sich mit der Materie auskennt, war diese Info eine Sensation! Die Legende vom ältesten Fragment des Neuen Testaments war damit geboren.

Mittwoch, 7. Januar 2015

5 x Menschenfischer


1) Infolge der kleinen Diskussion im Beitrag über die DhaBaR-Übersetzung „Besalzer der Menschen“ wollte ich mir gern die Interpretationen des Begriffs „ἁλεεῖς ἀνθρώπων“ (halieis anthrōpōn) aus Mk 1,17 in der Bedeutung von „Menschenfischer“ näher anschauen.
via howard-carter.blogspot

Ich stelle in diesem Beitrag fünf unterschiedliche Thesen dazu vor. Mein Ziel war es, jede Interpretationsvariante so überzeugend wie möglich darzustellen, ohne sie unkritisch hinzunehmen. Ich nenne diese fünf Thesen der einfachen Verständlichkeit halber

- die Missions-These
- die Errettungs-These
- die Endzeit-These
- die Entwicklungs-These
- die politisch-historische These


2) Einführend der Wortlaut von Mk 1,16-17 und einige Beobachtungen am Text:

               Καὶ παράγων παρὰ τὴν θάλασσαν τῆς Γαλιλαίας
               Und vorbeiführend neben dem Meer von Galiläa
εἶδεν
(er) sah
               Σίμωνα καὶ Ἀνδρέαν τὸν ἀδελφὸν Σίμωνος
               Simon und Andreas den Bruder Simons
                          ἀμφιβάλλοντας ἐν τῇ θαλάσσῃ·
                          umherwerfend in dem Meer
                                         ἦσαν γὰρ ἁλεεῖς.
                                         (sie) waren nämlich Fischer
καὶ εἶπεν αὐτοῖς ὁ Ἰησοῦς
und sagte ihnen der Jesus
                         Δεῦτε ὀπίσω μου,
                         Kommt hinter mich
                                        καὶ ποιήσω ὑμᾶς γενέσθαι ἁλεεῖς ἀνθρώπων.
                                        und (ich) werde machen euch zu werden Fischer (von) Menschen.

Freitag, 2. Januar 2015

Hans Thüsing „Das älteste Jesusbuch“



via Amazon
1) Das Buch

Hans Thüsings „Das älteste Jesusbuch: Das Markusevangelium aus dem Urtext neu übersetzt und erläutert“, 2008, umfasst etwa 150 Seiten. Auf der linken Doppelseite ist jeweils der deutsche Text des Markusevangeliums nach Thüsings eigener Übersetzung abgedruckt. Thüsing dazu: „Die Übersetzung aus dem international anerkannten griechischen Urtext ist so wortgetreu wie nur möglich, weder geglättet noch geschönt. – In der Regel wird jedes griechische Wort jedes Mal mit dem gleichen deutschen Wort übersetzt. So steht für ‚euthus’, das bei Markus etwa vierzigmal vorkommt, auch im Deutschen vierzigmal ‚sogleich’.

Thüsings Übersetzung besticht durch eine verblüffende Klarheit der Sprache. Der Text ist sehr leserfreundlich gesetzt, so dass sich bereits bei der Lektüre Sinnzusammenhänge erschließen. Es ist ein Text, um sich gedanklich in ihm versenken und über ihn meditieren zu können. Zur Veranschaulichung dieser Darstellung wähle ich das Gleichnis vom Sämann (Mk 4,2ff) in Auszügen:

2   Er lehrte sie mächtig in Gleichnissen,
     und in seiner Lehre sagte er zu ihnen:

3           Hört!
             Seht, der Sämann ging aus um zu säen
4           Und es geschah beim Säen:
             Etwas fiel an den Weg, und die Vögel kamen und fraßen es

9   Er sagte:
             Wer Ohren hat zum Hören, höre!


10  Als er allein war,
             fragten ihn die um ihn herum mit den Zwölf nach den Gleichnissen …

Auf der rechten Seite findet sich eine knappe Kommentierung zum jeweiligen Markustext: „Diese Erläuterungen wollen vor allem auf die Zusammenhänge im ganzen Buch hinweisen.


2) Der Monsignore und sein Markus-Erlebnis

Hans Thüsing ist ein Monsignore nicht nur dem Titel und seinem Aussehen nach, sondern auch in der Art und Weise seines Argumentierens. Vorsichtig und behutsam führt er den Leser an seine Sichtweise heran, die „mancher Leserin und manchem Leser“ zuweilen auch „zu fremd und zu gewagt erscheinen“ könnte. Eine anstößige Interpretation findet sich in seinem Buch gleichwohl nicht. Wie kam Hans Thüsing nun zu seinem etwas anderen Verständnis des Markusevangeliums und welcher Art ist dieses eigentlich?